Freiwillige Feuerwehr Biebergemünd Nord

Chronik Feuerwehr Biebergemünd Kassel

 75 Jahre Freiwillige Feuerwehr Kassel

 

Diese Chronik wurde anlässlich des 75 jährigen Bestehens der Freiwilligen Feuerwehr Kassel zusammengestellt und wurde in leicht abgewandelter Form am Kommersabend am 20.April 2002 vorgetragen.
Der Anlass des Jubiläums lässt sich auf zwei Schlagworten festlegen:

Freiwillig und 75 Jahre

Die Geschichte des Feuerlöschwesens in Kassel ist wahrscheinlich wesentlich älter. Dies ergibt sich zum Beispiel aus Hinweisen in der Chronik der Feuerwehr Bad Orb. Auch schien es schon einmal eine Freiwillige Feuerwehr in Kassel gegeben zu haben. Die jetzige Freiwillige Feuerwehr löste jedoch einer Pflichtfeuerwehr ab.

Stunde Null der Freiwilligen Feuerwehr Kassel ist die Gründung im Februar 1927.

Damals gründeten ca. 100 Kameraden die Feuerwehr.

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Damals wie heute stehen zwei Hauptsäulen für die Feuerwehr:

 

Mannschaft und Gerät

 

Dies spiegelt sich in einer Vielzahl von Dokumenten aus den letzten 75 Jahren.

Zunächst sei die Mannschaftsstärke beleuchtet:

Heute besteht die Wehr Kassel aus 34 aktiven Kameraden. Eine halbwegs ausreichende Zahl wird man denken:

Dazu ein Auszug aus dem Protokoll der Generalversammlung der Freiwilligen Feuerwehr vom 14.08.1948:
„…Für unsere Gemeinde welche 1700 Seelen zählt und  über gute Löschgeräte verfügt ist eine Wehr von nur 38 Mann, von welchen immer nur 50..70% zu den Übungen kommen natürlich zu schwach. Wenn auf freiwilliger Basis nicht noch 30 Mann hinzu kommen, dann müßte von Seiten der Gemeindeverw. Auf Einzug bestimmter Jahrgänge zur Pflichtfeuerwehr bestanden werden….“

Ein stolzer Wunsch denken wir, noch 30 Mann dazuzufordern ,

jedoch ein Erklärungsversuch dazu anhand der folgenden Meldung vom 18.08.1948 an den damaligen Kreisbrandinspektor Hufer:

„….Bei den Fahrzeugen: Die vorhanden Löschfahrzeuge der Wehr müssen zu allen Übungen und zu jedem Einsatz durch die Mannschaften angetreiben bzw. befördert werden. Kollosaler Kräfteverbrauch vor dm Einsatz.“….

Aber , Ausrüstung der gewünschten Mannschaftsstärke war trotzdem Illusion entsprechend der gleichen Meldung:

„… Bei den Ausrüstungen: Der 44 Mann starken freiw. Feuerwehr  stehen nur 12 Stahlhelme und ebenso viele  Hakengurte zur Verfügung. Die Wehr besitzt nur eine Laterne mit Kerzenlicht….“

Aus heutiger Sicht gewiss ein Anlass zum schmunzeln, aber für die Kameraden von damals war diese eine Zeit mit Schwierigkeiten von denen nur die Wenigsten heute noch sich eine Vorstellung machen können.

Aber die gezeigten Konfliktfelder Mannschaftsstärke und Ausrüstung sind und bleiben ein Dauerthema und ständiger Diskussionsstoff zwischen der Gemeindeverwaltung als Träger der Feuerwehr und der Wehr.

Daß damit aber von beiden Seiten sehr verantwortungsbewusst umgegangen wurde zeigt  eine Spende vom 03.09.1967 der Freiwilligen Feuerwehr Kassel an die Gemeindeverwaltung in Höhe von 7252,- DM zur Bildung einer Rücklage für die Wasserversorgung (Bau eines Hochbehälters).

Noch zu erwähnen sei allerdings auch die Beschaffung eines VW-Bus für den gleichen Geldbetrag im erwähnten Jahr durch die Gemeinde.

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Die selbstverständlich gewollte Unterstützung der Wehr durch den Feuerwehrvereins setzte sich in den nächsten Jahren fort. So wurde z.B. seit 1982 ca. 50 TDM seitens des Feuerwehrvereins für Geräte, persönliche Schutzausrüstung und Unterrichtsmittel aufgebracht.

 

Aber es gab auch Konflikte; z.B. aus dem Jahr 1958:

Anlaß war wohl eine Gemeindevertretersitzung, welche in einem Beschwerdeschreiben der Feuerwehr wie folgt erwähnt wurde (zitiert werden nur Auszüge):

…Ein Gemeindevertreter sagte wohl: „Die Freiwillige Feuerwehr in Kassel ist keine Feuerwehr sondern nur ein politisches Druckmittel. Die Freiwillige Feuerwehr tut alles andere, als nach Ihrem Wahlspruch Gott zur Ehr – Dem Nächsten zur Wehr zu handeln.
Ein Beigeordneter behauptete „die Feuerwehr vernachlässige in nicht zu verantwortender Weise ihre Geräte und Ausrüstung.“…“er habe gesehen, dass von Feuerwehrleuten Schlauchkupplungen weggeworfen wurden“

Das solche Worte zum Streit führen, ist verständlich; jedoch dass sogar der damalige Landrat sich einschalten musste ist schon erwähnenswert.

Es wurde wohl auch ein Schlichtungsversuch unternommen, welcher jedoch in einem Schreiben an den Landrat mit folgendem Wortlaut endete:

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Der Schreiber war wahrscheinlich eine neutrale Person welche an beiden Konfliktparteien scheiterte.

Im Juni 1958 wurde der Streit wohl mit einem Prüfungsbericht des Landrates beendet:

….“Das Prüfungsergebnis verstärkt mit diesen Feststellungen erneut den schon in der Vergangenheit bei Brandeinsätzen, Bezirksübungen und örtlichen Alarmierungen von der Freiwillige Feuerwehr Kassel gewonnenen guten Eindruck.“….

 

Wie vielleicht einige bemerken berichteten wir bisher nur vom Zeitraum nach 1945. Leider haben wir keine direkten  Unterlagen aus der Zeit davor gefunden. Diese sind entsprechend von Hinweisen aus älteren Chroniken wohl während der Kriegszeit verschollen gegangen.

Aufgrund der Gleichschaltungsgesetze von 1934 endete die Selbständigkeit der Vereine und deren Recht auf eigenes Barvermögen. Die Freiwillige Feuerwehr Kassel gab diesem Gesetz in Form eines Kameradschaftsabend nach. Leider wurden an diesem Abend wohl alle Bargeld-Bestände aufgebraucht !

Auch in Kassel war die Freiwillige Feuerwehr während der Kriegsjahre aufgelöst, der Brandschutz wurde durch die Hitlerjugend gestellt.

Wie es nach dem Krieg zur Neugründung der Wehr kam und wie der TSV Kassel mit der Wehr verbunden war ergibt sich aus einem Auszug aus einer älteren Chronikniederschrift:

…“ Der zweite Weltkrieg war zu Ende und niemand hat sich um den Brandschutz in unserer Gemeinde gekümmert. Im Herbst 1945 hat der TuSpo Kassel begonnen, den Fußballsport zu betreiben. Die Militärregierung, die zu dieser Zeit die Anordnungen in unserem Land bestimmte, hat in 1946 die Verantwortlichen Gremien im Land, im Kreis und den Gemeinden die Auflage gemacht, für den Brandschutz zu sorgen. Wenn dieser Aufforderung nicht Folge geleistet wird, wird den Sport treibenden Vereinen die Tätigkeit untersagt.
Der inzwischen amtlich in unserem Kreis tätige Kreisbrandinspektor Hufer und der damalige kommissarische Bürgermeister Jackel haben aus diesem Grunde für den zweiten Pfingsttag eine Versammlung im Gasthaus Jackel einberufen. An diesem Tage wurde die FFW wieder ins Leben gerufen. Fast alle damaligen aktiven Fußballsportler des TuSpo traten der Wehr bei…“

Gründung und Neugründung führen meist zu den entsprechenden Feierlichkeiten und Jubiläen. Dies führte sogar Eisenbahnsonderzüge nach Kassel !

Eisenbahn ?; ach ja es gab ja mal die Spessartbahn. Diese hatte für die Anreise zum Kreisfeuerwehrfest 1928 einen Sonderzug zur Verfügung gestellt. An dem Feuerwehrfest nahmen laut einer alten Chronik über 60 freiwillige Feuerwehren mit mehr als 1500 Feuerwehrmännern teil.

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Feuerwehrfeste geben auch immer einen Überblick über die allgemeine Situation. Wurde über das 1928-er Fest noch berichtet:

…“die Feuerwehrleute besaßen alle eine Uniform und die damals sogenannten Steiger waren mit Messinghelmen ausgerüstet.“….

Hingegen ein Sonderschreiben vom schon erwähnten Kreisbrandinspektor Hufer zum Kreisfeuerwehrtag  1947 in Bad Orb:

 

„… Wie aus der anliegender Einteilung ersichtlich ist, ist ein gemeinsames Mittagessen geplant. Sie alle, meine Kameraden, wissen, wie schwer es heute ist, für soviel Mann – ich rechne immerhin mit 200 – 250 Teilnehmern – die nötigen Lebensmittel für ein Mittagessen billigster Art aufzutreibe. Ich weiss, dass jeder für sich zu sorgen hat, um seinem hunger zu stillen, aber trotzdem bitte ich Sie und gerade, weil es so schwer fällt, in Ihrem Verein und Kameradenkreis für diesen Tag Lebensmittel wie Kartoffel, Gemüse und Eier zu sammeln und diese für unser gemeinsames Mittagessen 7Eintopf, Kartoffelsalat oder sonst etwas) zur Verfügugn zu stellen…..“

 

Ich denke, das Zitat aus diesem Schreiben beleuchtet die heutige Zeit wieder in einem anderen Licht .

Aber , gesammelt wurde noch häufiger, wenn auch zu mehr unterhaltsameren Anlässen:
Zum Beispiel für einen Maskenball 1959:

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Maskenbälle (Anfangs noch als Kameradschaftsabend mit Tanz deklariert) waren über viele Jahre hin beliebt.

Jubiläen und Feste gab es immer, auch wenn diese nicht immer ungestört verliefen.

So mußte1967 das Kreisfeuerwehrfest in Niedergründau wegen eines Waldbrandes in Kassel vorzeitig verlassen werden.

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Ähnlich verhielt es sich vor 15 Jahren bei den Feierlichkeiten zum 60 Jährigen Bestehen. Ein großes Gartenfeuer bei Dunkelheit führte zu gleich zwei Alarmierungen während der Abends.

 

Alarmierung soll nun das nächste Stichwort sein.

Der Zustand 1948 wird in einer Meldung an den Kreisbrandinspektor beschrieben:

„Es ist keine Alarmvorrichtung außer Kirchenglocken und kein Hornist vorhanden“.

1957 wurden dann drei Feuermelder bei der Gemeinde beantragt. Dies war wohl der Beginn der Sirenenalarmierung. Die ersten Funkmeldeempfänger für die stille Alarmierung wurden dann 1993 verteilt.

Alarmierung d.h. Einsätze gab es zu Genüge und natürlich nicht nur Innerorts:

Löschhilfe wurde z.B. im Juli 1951 bei einem Großfeuer in Altenhaßlau gegeben. Bedenkt Mann, dass das erste Fahrzeug 1962 angeschafft wurde, erscheinen Worte wie Mobilität und Flexibilität auch aus einer anderen Sichtweise.

 

Neben Brandeinsätzen waren Unwetter ein Thema:

1947 wurde in vielen Kellern Hochwasser bis unter die Decke sowie der Bruch von vier Stauwehre gemeldet. Hochwasser in Kassel gab es häufiger, aber auch in der Umgebung wie z.B. in Gelnhausen, wo sogar die komplette Fußgängerunterführung am Bahnhof überflutet war.

Wasser, d.h. die Fähigkeit zur Wasserförderung ist eine fundamentale Notwendigkeit für die Feuerwehr. Dies führt uns zu den Pumpen der Feuerwehr:

Angefangen bei der Handruckspritze: Diese Pumpe war vor der Indienststellung in Kassel bereits bei der Stadt Frankfurt im Einsatz. Ebenso war die erste motorgetriebene „Flader“-Pumpe eine gebrauchte Pumpe aus dem Jahr 1940 welche bis 1961 im Einsatz war.

Der Transport von Pumpen, Ausrüstung und Mannschaft war dabei wahrscheinlich nicht immer einfach. Glücklicherweise gab es dazu Universalfahrzeuge im Straßenverkehr, welche dafür hergezogen werden konnten:

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1961 begann die Ausstattung der Wehr mit „neuen“ Komponenten:

Die erste TS wurde 1961 beschafft, gleich gefolgt im Jahr 1962 mit dem ersten Fahrzeug, dem LF8 Opel Blitz !

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Die Kundenbetreuung bei der Beschaffung erscheint dabei in sehr modernen Maßstäben:

Es wurde sogar seitens Opel die Weitergabe des Fahrzeuges an die Fa. Ziegler zwecks weiterer Ausrüstung an die Wehr Kassel gemeldet !

Der alte Opel Blitz zeigte sein Leistungsbereitschaft bis zu seiner Ablösung durch ein neues LF8  im Jahr 1979.

Fahrzeugübergaben und sonstige Feierlichkeiten hat man gerne mit befreundeten Wehren zusammen gefeiert. Besonders bei Vereinsfahren ist es Tradition , Patenschaften bei Fahnenweihen zu übernehmen. Die heutige Vereinsfahne der Freiwilligen Feuerwehr Kassel wurde im Jahr 1957 geweiht. Die Patenschaft wurde von der Feuerwehr Bad Orb übernommen.

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Damals wurden nach dem Gottesdienst mit Fahnenweihe die Kameraden aus Bad Orb zum Mittagessen in die Kasseler Feuerwehrfamilien mitgenommen.

Die Wehr Kassel hat selbst die Patenschaft bei der Feuerwehr Großwelzheim im Jahr 1961 übernommen. Damals feierte die Wehr Großwelzheim bereits ihr 85jähriges Bestehen.

Diese Zusammenstellung will einen Eindruck der 75 jährigen Vereinsgeschichte bekommen vermitteln. In dieser Zeit hat dich die Welt stark verändert. Hoffen wir, dass auch in Zukunft eine Freiwilligen Feuerwehr in Kassel bestehen bleibt und getreu dem Leitspruch „Gott zur Ehr – dem Nächsten zur Wehr“ ihre Aufgabe erfüllen kann.

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Im Jubiläumsjahr besteht die Freiwillige Feuerwehr Biebergemünd Kassel aus 19 Mitgliedern in der Jugendfeuerwehr, 11 Mitgliedern in der Ehren- und Altersabteilung sowie 34 Mitgliedern in der Einsatzabteilung. Die Zahl der passiven Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr Kassel e.V. beläuft sich zur Zeit auf 103 Personen.

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